Lobbyismus und Mandat
In letzter Zeit gab es in Deutschland eine heftige Diskussion über die
Nebentätigkeit von Abgeordneten. Kritiker befürchten, dass die Mitglieder der Landtage und des Bundestages eher die Interessen von Unternehmen vertreten, als die des Volkes. Viele Parlamentarier unterhalten Geschäftsbeziehungen zur privaten Wirtschaft, sind Berater, Aufsichtsräte oder Chef eines Unternehmens. Anders ausgedrückt: Ein Großteil der Abgeordneten bekommt zu seinem Abgeordnetengehalt noch ein zusätzliches Honorar von deutschen und internationalen Unternehmen. Das ist völlig legal.
Manche Parlamentarier sind aber inzwischen betuchte Lobbyisten mit großem Einfluss auf die Gesetzgebung, was fragwürdig ist. Denn Abgeordnete sind nach dem Grundgesetz Volksvertreter und werden zur Sicherung ihrer Unabhängigkeit vom Steuerzahler bezahlt. Wenn sie sich jetzt in die finanziellen Hände eines Unternehmens oder Verbandes begeben, leidet ihre Unabhängigkeit. Sie werden zu Dienern zweier Herren.
In der Diskussion um Nebentätigkeiten standen bisher die Automobilindustrie und die Stromversorger im Vordergrund. Nun kommt ein weiterer Sektor ins Gespräch. Die chemische Industrie. Der Chemie-Konzern
Bayer soll enge Beziehungen zu Politikern und Abgeordneten pflegen. Als Beispiel wird der Wechsel von Prof. Dr. Heribert Zitzelsberger genannt, der zunächst Leiter der Steuerabteilung der Bayer AG und danach beamteter Staatssekretär im Bundesfinanzministerium war. Zitzelsberger war von Minister Hans Eichel mit der Durchführung der Unternehmenssteuerreform beauftragt worden, die für Unternehmen mit großen Gewinnen sehr vorteilhaft war.
Auch die Rechtsanwältin des Leverkusener Konzerns Cornelia Yzer ist von der Wirtschaft in die Politik und später wieder zurückgewechselt. Sie war Bundestagsabgeordnete und dann Staatssekretärin im Gesundheitsministerium. Heute leitet sie als Hautgeschäftsführerin den
Verband Forschender Arzneimittelhersteller (VFA), einst 1994 von Bayer gegründet (siehe hierzu auch den Blog-Beitrag
Agenturen übernehmen mehr und mehr die Lobbyarbeit vom 11. März 2005). Dem VFA gelingt es bis heute, die so genannte "Positivliste für Medikamente" zu verhindern.