Lobby Blog
Doorknock
Lobbyarbeit beginnt lange, bevor der Lobbyist auf eine bestimmte gesetzliche Regelung Einfluss nimmt. Um überhaupt auf Regierung und Parlament einwirken zu können, müssen ohne zeitlichen Druck Kontakte aufgebaut und gepflegt werden. Wer nicht frühzeitig zu Werke geht, sondern unter Handlungsdruck steht, wird scheitern ? gemäß der Aussage des amerikanischen Bestseller-Autors Harvey Mackay: "Suche dir Freunde, bevor du sie brauchst." Je länger ein Gefüge zwischen Lobbyisten und Entscheidern Bestand hat, desto tragfähiger ist es in der Regel.
Lobbying hat sehr viel mit Vertrauen zu tun. Und Vertrauen gewinnt man, wie in einer zwischenmenschlichen Freundschaft, durch Kennenlernen. Das kostet Zeit und Anstrengung. Die gewünschten Gesprächspartner leisten ein großes Arbeitspensum. Es ist daher schwierig und dauert lange, bis man zu einem Gespräch zusammenfindet.
Das Aufbauen und Pflegen von Kontakten wird in Fachkreisen als "Doorknock" bezeichnet. D.h. die Lobbyisten suchen sich Parlamentarier und Ministerialbeamte aus, die sich im gewünschten Fachgebiet auskennen und für eine spätere Zusammenarbeit in Frage kommen könnten. Der Lobbyist arbeitet dann diese Liste ab, sucht die ausgewählten Personen auf ("Doorknock" = er klopft an ihre Türen) und stellt einen Kontakt her. Dies geschieht in zwanglosen Treffen, lange bevor der Lobbyist die Hilfe und Unterstützung seines Gegenübers benötigt. Falls dann zu einem späteren Zeitpunkt auf ein Gesetzgebungsverfahren Einfluss genommen werden soll, ist der Kontakt zu den entscheidenden Personen bereits hergestellt.
Rezension Lobby Buch
In dem Buch
Die Strippenzieher berichten Cerstin Gammelin und Götz Hamann über den Einfluss professioneller Lobbyisten und Public-Affairs-Berater in Berlin (siehe
Beitrag vom 5. Oktober).
Die Autoren dokumentieren, wie Lobbyisten arbeiten. Viele Themen haben wir in den Nachrichten verfolgt. Anhand des Buches kann man nun nachvollziehen, wie die Entscheidungen zustande kamen und wer an welcher Stelle Einfluss auf Regierung und Parlament genommen hat. Das Buch zeigt auch die Entwicklung auf, die das Lobbying seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland genommen hat: Von den Bonner Anfängen unter der Regierung Adenauer über die sozial-liberale Koalition bis zum heutigen Tag in Berlin.
Einem Anspruch werden die Autoren aber nicht gerecht. Sie geben an, ihr Buch auch als eine Blaupause für alle zu verstehen, die in Berlin die Politik der Bundesregierung mitgestalten wollen. Das gibt das Buch nicht her, denn es beschreibt nur das sog. große Lobbying. Es beschreibt den Einfluss der Automobilbranche, der Energiewirtschaft oder der
Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft, nicht hingegen die Anstrengung, die kleine Verbände und Vereine unternehmen. Aus diesem Grund ist das Buch als Anleitung zum Selbermachen ungeeignet. Am Lobbying der Großen wird kein Leser des Buches teilnehmen. Das ist den Konzernvorständen vorbehalten. Und beim Lobbying der Kleinen gelten andere Gesetze.
Siehe hierzu bitte auch den Blog-Beitrag vom 5. Oktober:
Neues Lobby Buch.
Spenden im September
In regelmäßigen Abständen unterrichtet der Präsident des Deutschen Bundestages die Mitglieder des Parlaments, welche Spenden eine Partei bekommen hat. Dabei werden nur solche Geldleistungen erwähnt, die im Einzelfall die Höhe von 50 000 Euro übersteigen (§ 25 Abs. 3 Satz 3 Parteiengesetz). Die Zuwendungen für September 2005 können nun in der
Bundestagsdrucksache 15/5988 nachgelesen werden.
Software Lobby in Brüssel
Die
Software-Industrie hat eine neue Lobby-Organisation gegründet, die
European Software Association. Aus Deutschland beteiligen sich u.a. DATEV, Lexware oder SAP. Microsoft ist als einziges US-Unternehmen vertreten.
Nebeneinkünfte der Abgeordneten
Für die Bundestagsabgeordneten gelten schärfere Richtlinien für die Offenlegung von Nebeneinkünften. Die
neuen Regeln treten mit der Annahme der Geschäftsordnung des neuen Bundestags in Kraft. Sie legen fest, dass sämtliche Nebeneinkünfte im
Bundestagshandbuch veröffentlicht werden müssen, die 1.000 Euro im Monat oder 10.000 Euro im Jahr - zum Beispiel als einmaliges Honorar ? übersteigen.
Sieg der Waffenlobby
Die US-Waffenlobby hat einen wichtigen Sieg vor dem amerikanischen Repräsentantenhaus errungen. Dort wurde mehrheitlich ein
Gesetzesvorschlag angenommen, der die Hersteller und Verkäufer von Waffen vor Schadensersatzklagen von Opfern von Schießereien schützt. Der amerikanische Senat hatte schon zuvor für den Gesetzentwurf gestimmt, dessen Unterzeichnung Präsident Bush zusicherte. Die amerikanische Waffenlobby
"National Rifle Association" sprach von einem "historischen Tag", der die Waffenindustrie "gerettet" habe.
Siehe hierzu bitte auch den Blog-Beitrag vom 13. Mai:
Waffenlobby siegt in Florida.
Mehr Nachrichten
Im Nachgang zu meinem gestrigen Beitrag möchte ich noch zwei weitere Nachrichtenquellen empfehlen: Zum einen
BNA und zum anderen
Roll Call.
Lobby Nachrichten
In Washington berichtet die Tageszeitung
The Hill für und über den amerikanischen Kongress. Die Online-Ausgabe ist auch für die deutschen Leser erreichbar und lesenswert. Jeden Mittwoch erscheint unter anderem die Rubrik
Lobbying world. Dort werden die neusten Entwicklung aus der Welt des US Lobbying zusammengefasst; Wer macht wo für wen Lobbying.
Wissen gegen Lobby
Die deutschen Abgeordneten sollen gegen das Wirken von Lobbyisten geschützt werden. Aus diesem Grund gibt es den
Wissenschaftlichen Dienst des Deutschen Bundestages. Diese Einrichtung dient der Unterstützung der parlamentarischen Arbeit der Abgeordneten. Auf Anfrage werden Ausarbeitungen, Dokumentationen und Materialzusammenstellungen zu Sachthemen erteilt.
Aus externen nationalen und internationalen Fach-Datenbanken und dem Internet beschaffen die Informationsspezialisten der Bundestagsverwaltung Informationen aus nahezu allen Wissensgebieten. Sie greifen auf die Informationseinrichtungen im Hause, mehr als 3000 Online-Datenbanken, das Internet, Nachschlagewerke und Kataloge oder externe Ansprechpartner und Informationseinrichtungen, wie das Statistische Bundesamt zurück.
Damit soll der Einfluss der Lobbyisten gebremst werden. Die Parlamentarier sollen einen schnellen und neutralen Zugang zu Daten bekommen. Viele EU-Abgeordnete wünschen sich eine ähnliche Einrichtung für ihre Arbeit in Brüssel. Kritiker hingegen glauben nicht, dass so der Einfluss der Lobby begrenzt werden kann. Sie fordern eine höhere Personalpauschale für die Parlamentarier, damit sie zusätzliche Mitarbeiter einstellen können. Jeder Abgeordnete hat heute im Schnitt drei Mitarbeiter. Das sei zu wenig, um unabhängige Informationen, auch mit Hilfe des wissenschaftlichen Dienstes zu beschaffen. Bei der knappen Zeit und der vielen Arbeit, sei ein Rückgriff auf Lobbyisten-Material sehr verlockend.
Entwicklungen im Verordnungsgebungsbereich
Im German American Law Journal - US-Recht auf Deutsch beschreibt der Washingtoner Anwalt und Lobbyistenberater
Clemens Kochinke in Washington am 7. Oktober 2005 zwei interessante Entwicklungen im Verordnungsgebungsbereich.
Zuerst stellt er die Frage, ob die Trennung von Internet-Verbindungen auf Tier-1-Ebene zwischen Providern aufgrund von
Peering-Vertragsstreiten nicht die zuständigen Verordnungsgeber der USA veranlassen könnte, regelnd einzugreifen und die Vertragsfreiheit der Internet-Provider einzugrenzen, damit sich die in der vergangenen Woche gezeigten Interneteingriffe nicht wiederholen.
In einem zweiten Bericht erörtert er die Frage, ob die bei der
Verordnungsgebung zwingende Beteiligung der Öffentlichkeit, d.h. vernehmlich Lobbyisten, durch den Verordnungsgeber hintertrieben werden darf. Am vergangenen Freitag entschied das Bundesberufungsgericht in Washington, dass die Endfassung einer Verordnung eine logische Folge des veröffentlichten Entwurfs darstellen muss. Sie muss nicht deckungsgleich mit dem Entwurf sein, darf ihn jedoch auch nicht in sein Gegenteil verkehren. Die Rechtsfrage stellte sich im Rahmen einer umweltschutzrechtlichen Verordnung zum Clean Air Act.
Siehe hierzu bitte auch den Blog-Beitrag vom 20. September:
Lobbying und Verordnungswesen.
Neues Gesicht bei AOL
Harald Geywitz wird die Leitung des Bereichs Public Affairs von
AOL Deutschland übernehmen. Er berichtet damit an
Gunnar Bender, den Leiter des AOL-Hauptstadtbüros und der Unternehmenskommunikation. Geywitz war zuletzt als Lobbyist für den Wettbewerbsverbvand VATM in Berlin und Brüssel tätig.
Veränderungen bei Stromlobby
Dr. Reinhold Buttgereit, bislang Leiter Public Affairs bei der
Vattenfall Europe AG in Berlin, übernahm zum 1. Oktober für die Vattenfall-Gruppe die Leitung des Vattenfall European Affairs Office in Brüssel.
Siehe hierzu bitte auch den Blog-Beitrag vom 22. April:
Neuzugang beim Lobbyteam von Vattenfall
Lobby-Register in Brüssel ?
In Brüssel wird derzeit über die Notwendigkeit eines
Lobby-Registers diskutiert. Der zuständige EU-Kommissar für Verwaltung, Audit und Betrugsbekämpfung,
Siim Kallas, hat eine Transparenz-Initiative gestartet und will ein Lobby-Register einführen. Dabei setzt er aber nicht auf ein Pflicht-Register, sondern auf freiwillige Selbstkontrolle.
Gegner lehnen ein freiwilliges Register ab. Es mache keinen Sinn, da sich aller Voraussicht nach nur wenige daran beteiligen würden. Und die, die sich beteiligten, hätte dadurch nur Nachteile, denn sie müssten dann viel mehr Informationen öffentlich machen, die ihre Gegenspieler nutzen könnten. Und diejenigen, die etwas zu verbergen haben, könnten weiterhin alles verstecken.
Ein Pflicht-Register hätte hingegen den Nachteil, dass Europa eventuell weniger vielfältiger werden könnte. Wenn nämlich ein administrativer Aufwand entstehen würde, wäre es für manche zu schwierig, nach Brüssel zu kommen und hier Lobbying zu machen. Das heißt, es würde eine zwei Klassen-Gesellschaft entstehen.
Siehe hierzu bitte auch den Blog-Beitrag vom 21. Juli:
Mehr Transparenz beim EU-Lobbying gefordert.
Neues Lobby Buch
In dem Buch
Die Strippenzieher berichten Cerstin Gammelin und Götz Hamann in lehrreicher, aber unterhaltsamer Weise über den Einfluss professioneller Lobbyisten und Public-Affairs-Berater in Berlin.
Die Autoren haben keinen Enthüllungsroman geschrieben, und ihr Ton ist auch nicht der naiver Entrüstung. Ohne die Legitimationsproblematik im Geringsten zu verharmlosen, zeichnen sie vielmehr einen aufschlussreichen politischen Stadtplan Berlins, der aufzeigt, wie und wo die tatsächlichen Einflusskanäle rund um den Bundestag verlaufen und wie man Interessen in dieses insgesamt schlichte, jedoch im Detail zugleich recht subtile System einspeist. Sie verstehen ihr Buch nicht zuletzt als eine Blaupause für alle, die in Berlin die Politik der Bundesregierung mitgestalten wollen, egal, welchem politischen Lager sie angehören.
Das Buch ist in gebundene Ausgabe mit 288 Seiten im Econ-Verlag erschienen und kostet 19,95 EUR.
Lobbying beim Namen genannt
Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband e.V.
(DEHOGA), ist einer der wenigen, der ganz offen über seine Lobbyarbeit spricht. So nennt der Verband auch im Internet seine
Forderungen.
So soll auf Umsätze der Hotellerie und Gastronomie der abgesenkte Mehrwertsteuersatz in Höhe von 7% eingeführt werden. Des Weiteren wird für einen Erhalt der steuerfreien Zuschläge für Sonn-, Feiertags- und Nachtarbeit und gegen einen Mindestlohn im Gastgewerbe gekämpft.
Hinter dem DEHOGA Bundesverband steht mit dem Gastgewerbe in Deutschland eine Dienstleistungsbranche überwiegend mittelständischer Prägung. Der Verband macht für 250.000 Hoteliers und Gastronomen, eine Million Beschäftigte und 93.000 Auszubildende Branchenpolitik. Als Unternehmer- und Berufsorganisation nimmt er die Interessen von Hotellerie und Gastronomie in der Bundesrepublik wahr.