Pen pal
Briefe und E-Mails, die bei Abgeordneten eingehen, können in mehrere Kategorien eingeordnet werden. Auf der untersten Stufe steht Spam. Dabei handelt es sich um massenhafte Sendungen, meist Werbung, die für den Abgeordneten ohne Belang sind. Diese wandern umgehend in den Müll. Als nächstes kommen Massensendungen. Hierbei handelt es sich um Briefe, Faxe oder E-Mails mit gleichem Inhalt, die massenhaft an viele Abgeordnete gesendet werden. Auch wenn sie von verschiedenen Absendern stammen, landen sie oft im Müll oder werden mit einer Standard-Antwort quittiert. Für Spam und Massensendungen gilt: Verzichten Sie als Lobbyist darauf. Es ist schade um die Zeit, die mit dem Versand aufgewendet wird. Aufwand und Ergebnis stehen in keinem Verhältnis. Spam und Massensendungen verärgern nämlich nur Abgeordnete und ihre Mitarbeiter und bringen die Interessenvertreter keinen Schritt weiter.
Schreiben, die gelesen, ernstgenommen und beantwortet werden, sind Schreiben aus dem Wahlkreis, von Personen, Firmen oder Verbänden, die nur einmal auftauchen. Hier gilt also die alte Regel: Weniger ist mehr. Als Lobbyist sollten Sie ein einmaliges Schreiben verfassen. Es gibt ein ungeschriebenes Gesetz: Schreiben aus dem Wahlkreis müssen umgehend und individuell beantwortet werden. Zum einen ist der Wahlkreis das Wichtigste im Leben eines Abgeordneten. Hier bekommt er seine Legitimation als Volksvertreter. Und was noch wichtiger ist, hier wird er wiedergewählt. Zum anderen gibt es immer wieder eifrige Journalisten, die ihren Wahlkreisabgeordneten mit Testbriefen auf die Probe stellen. In der Lokalzeitung wird dann berichtet, wie schnell, ausführlich und individuell der Abgeordnete geantwortet hat. Noch wichtiger für einen Abgeordneten sind Schreiben von Personen oder Verbänden, die ihm bekannt sind oder zu denen bereits ein Kontakt besteht.
Aber auch wenn Lobbying aus dem Wahlkreis betrieben wird, sollte dem Lobbyisten nicht der Fehler unterlaufen, zu einem "pen pal" zu werden. "Pen pal" werden in Fachkreisen Schreiber genannt, die in einen längeren oder sogar endlosen Dialog mit dem Abgeordneten oder seinen Mitarbeitern treten wollen. Um auf der Seite der Parlamentarier niemand zu verärgern, sollte der Lobbyist seine Korrespondenz prägnant und kurz fassen. Die Abgeordneten und ihre Mitarbeiter haben mit vielen Bürgern, Firmen und Verbänden zu tun. Da ist die Zeit knapp.